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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 10.02.2015


Scharfe Kritik am neuen Expertenkreis Antisemitismus sowie an einer jüngsten Studie des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin
AVIVA-Redaktion

Das Moses Mendelssohn Zentrum, das American Jewish Committee und die Amadeu Antionio Stiftung geben die Gründung einer alternativen ExpertInnenkommission bekannt, da jüdische Perspektiven und ...




... wichtige Expertisen fehlen.

NEWS. Berlin, den 26.2.2015ANTISEMITISMUS-EXPERT_INNEN GEBEN GRÃœNDUNG VON NETZWERK BEKANNT

Führende jüdische WissenschaftlerInnen und AntisemitismusexpertInnen haben die Gründung des "Netzwerks zur Erforschung und Bekämpfung des Antisemitismus" (NEBA) bekanntgegeben. Mit der Initiative wollen die Amadeu Antonio Stiftung, das American Jewish Committee und das Moses Mendelssohn Zentrum an der Universität Potsdam die politische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus weiter befördern.

"Nach den Terroranschlägen von Paris und Kopenhagen stellt die Frage nach der Sicherheit jüdischen Lebens in Europa derzeit einer der drängendsten politischen Herausforderungen dar. Wir brauchen daher eine breitere gesellschaftliche Auseinandersetzung über politische Handlungsmaßnahmen gegen Judenfeindschaft und wollen hierzu mit dem Netzwerk zur Erforschung und Bekämpfung des Antisemitismus (NEBA) einen substantiellen Beitrag leisten", sagte Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin Ramer Institute.
"Wir begrüßen die intensive Auseinandersetzung um die Ausrichtung und Besetzung des Expertengremiums ausdrücklich. Die Debatte hat gezeigt, wie wichtig dieses Thema in der öffentlichen Wahrnehmung ist. Was wir jetzt brauchen, ist ein politischer Dialog über die Umsetzung konkreter Maßnahmen gegen Judenfeindschaft. Das Netzwerk will daher über Entwicklungen des Antisemitismus kontinuierlich berichten und neue Ansätze der Forschung und der Praxis gegen Judenfeindschaft beraten", so Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.
In den kommenden Wochen will die NEBA mit politischen EntscheidungsträgerInnen die Auseinandersetzung um politische Gegenmaßnahmen verstärken. Dabei wollen die ExpertInnen Empfehlungen herausarbeiten, wie z.B. die Vorschläge der ersten ExpertInnenkommission umgesetzt werden können. Das Netzwerk kritisierte in diesem Zusammenhang die mangelnde politische Implementierung.
"Wir wollen Fragen nachgehen, die bisher bei der Diskussion um den Antisemitismus nicht ausreichend ausgewertet oder beleuchtet wurden. Verschwörungstheorien, Judenfeindschaft in den Kirchen, das Erstarken des Islamismus, die Globalisierung des israelbezogenen Antisemitismus und die aktuelle Debatte, wie mit Fragen der Kunstrestitution in Deutschland umgegangen wird, sollen in diesem Zusammenhang diskutiert werden", gab Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam bekannt.
Unter Einbeziehung verschiedener internationaler ExpertInnen und jüdischer Perspektiven plant die NEBA Mitte des Jahres eine Fachkonferenz, auf der die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Antisemitismusbekämpfung nachgegangen werden sollen.
Zu den InitiatorInnen des Netzwerks zur Erforschung und Bekämpfung des Antisemitismus gehören:
Deidre Berger (American Jewish Committee Berlin)
Prof Dr. Micha Brumlik (Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam)
Anetta Kahane (Amadeu Antonio Stiftung)
Stephan J. Kramer (American Jewish Committee, Berlin/Brüssel)
Prof. Dr. Julius H. Schoeps (Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam)



AVIVA-Beitrag vom 10.02.2015:

Führende jüdische WissenschaftlerInnen und AntisemitismusexpertInnen haben die Zusammensetzung der neuen Antisemitismus-Kommission beim Bundesministerium des Innern (BMI) und den bisherigen Umgang mit der Problematik scharf kritisiert.

In dem erstmals am 19. Januar 2015 tagenden Expertenarbeitskreis Antisemitismus wurden durch das Bundesinnenministerium acht Wissenschaftler und Pädagogen benannt, von denen kein einziger jüdischer Herkunft ist. "Das ist ein einzigartiger Skandal", erklärt Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam. "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Bundesinnenminister müssen sich die Frage gefallen lassen, warum richtungsgebende deutsche Antisemitismus-Forscher in diesem Gremium fehlen und wieso auf die Expertise und Beratung jüdischer Wissenschaftler und Fachleute aus den jüdischen Organisationen und Gemeinden offensichtlich kein Wert gelegt wird."

"Niemand käme auf den Gedanken, eine Konferenz zum Islamhass ohne muslimische Vertreter oder einen Runden Tisch zur Diskriminierung von Frauen ohne Frauen anzusetzen" kritisierte auch die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane.

Der europäische Antisemitismusbeauftragte des American Jewish Committee, Stephan J. Kramer, beklagt in diesem Zusammenhang die mangelnde politische Umsetzung bisheriger Handlungsempfehlungen: "Seit 2011 liegt uns der Bericht der ersten Expertenkommission vor. Doch statt einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung mit den Ideen und Anregungen, verstaubt die Arbeit der Experten in den Schubladen. Der Kampf gegen Antisemitismus darf sich nicht nur in Solidaritätsbekundungen und Mahnungen bei Gedenkreden erschöpfen, sondern muss endlich aktives politisches Handeln nach sich ziehen."

Vor diesem Hintergrund kündigen das Moses Mendelssohn Zentrum, das American Jewish Committee und die Amadeu Antonio Stiftung die Einrichtung einer eigenen "Expertenkommission Antisemitismus" aus Wissenschaft und Praxis an, die sowohl mit profilierten jüdischen wie auch nichtjüdischen Fachleuten aus dem In- und Ausland zusammenarbeiten wird.

"Die Arbeit der letzten Expertenkommission der Bundesregierung hat einen wichtigen Beitrag zum Thema geleistet. Allerdings hat sich die Bedrohungslage durch den Antisemitismus in den vergangenen Jahren verschärft. In einer Zeit, in der jüdische Einrichtungen nach zahlreichen Terroranschlägen immer mehr Schutz brauchen und antisemitische Einstellungen in den Schulen und in der Gesellschaft weite Verbreitung finden, brauchen wir zusätzliche Instrumente und vor allem eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema", ergänzte Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin Ramer Institute for German-Jewish Relations.

Die Arbeit der alternativen Kommission soll bewusst auch die jüdische Perspektive auf das Problem Antisemitismus in Deutschland einschließen. Neben spezifischen Studien zu den unterschiedlichen, aktuellen Erscheinungsformen von Antisemitismus sollen von Wissenschaftlern und Praxisexperten kontinuierliche Lageberichte erarbeitet, gewonnene Erkenntnisse für öffentliche Debatten bereitgestellt sowie notwendige politische Maßnahmen entwickelt werden.

Das Gründungskommittee der neuen ExpertInnenkommission übte zugleich heftige Kritik an einer jüngsten Studie des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin, bei der jüdische Perspektiven abgewertet und antisemitische Tendenzen bagatellisiert werden. In der Stellungnahme "Antisemitismus im Deutungskampf" hat sich das AJC mit wesentlichen Thesen dieser ZfA-Studie ("Antisemitismus als Problem und Symbol") auseinandergesetzt.

Eine konstituierende Sitzung der ExpertInnenkommission, bei der weitere Fachleute, Arbeitskreise und Netzwerke zu Rate gezogen werden, ist für März 2015 geplant.

Der Initiativgruppe gehören an:

Deidre Berger (American Jewish Committee, Berlin), www.ajcgermany.org

Prof. Dr. Julius H. Schoeps (Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam), www.mmz-potsdam.de

Anetta Kahane (Amadeu Antonio Stiftung), www.amadeu-antonio-stiftung.de

Stephan J. Kramer (American Jewish Committee, Berlin/Brüssel), www.ajcgermany.org


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Beitrag vom 10.02.2015

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